Kennst du das wenn jemand sagt: das Bild wurde „gephotoshopt“?
Jetzt denkst du vielleicht an Models, die per Bildbearbeitung eine Schlankheitskur oder glatte Haut bekommen haben. Oder an Menschen vor einem Hintergrund, der definitiv nicht so fotografiert wurde? In diesem 3. Teil meiner Bildbearbeitungsserie zeige ich dir, wie ich Photoshop in der Pferdefotografie verwende, um Insekten, hässliche Bissverletzungen und störende Elemente wie Strommasten zu entfernen. Ich zeige dir, was ohne Schwierigkeiten entfernt werden kann und was technisch, sowie ethisch problematisch ist. Bei letzterem geht es darum, wieviel Photoshop zum Verschönern noch vertretbar ist und wo für mich das Verfälschen der Natur anfängt.
Meine Bildbearbeitungs-Serie:
- Teil 1: Wie, wo, was… Wieso, weshalb, warum
- Teil 2: Wie ich mit Licht deinen Blick leite
- Teil 3: Insekten, Zäune und Co. – Ist das Natur oder kann das weg?
Insekten & Bissverletzungen – die Standard-Retusche
Pferde spielen miteinander und das ist das schönste der Welt! Dass es da auch mal zu kleineren Hautabschürfungen kommt ist normal. Gerade junge Pferde müssen auch mal in ihre Schranken gewiesen werden und auch hierbei kann es zu äußerlichen Verletzungen kommen.
Das ist definitiv kein Grund den Foto-Termin zu verschieben! Sonst findet er nämlich nie statt. 😉 Solche Bissverletzungen im Fell können relativ einfach in der abschließenden Retusche (=Veränderung des Bildes) mit Photoshop entfernt werden. In der Regel handelt es sich um vereinzelte Stellen. Aber auch wenn es (wie auf den Bildern unten) mal etwas mehr ist, stellt das kein Problem dar:
Insekten sind vor allem im Sommer ein großes Problem. Ein Bild ohne Fliegen oder Bremsen am Pferd ist so gut wie unmöglich. Da hilft auch das beste Fliegenspray nichts. Daher hilft nur eines: die nervigen Biester hinterher in der Bildbearbeitung aus dem Bild entfernen!
Sitzen sie wie hier, direkt am Auge, ist die Retusche zwar aufwendig, aber in der Regel trotzdem gut zu machen. Es dürfen nur nicht zu viele Fliegen werden. 😉
Störende Hintergrund-Elemente: bis zur technischen Grenze
Im Hintergrund steht dieser hässliche Strommast oder eine Satellitenschüssel?
Im Vordergrund ist dieser eine blöde Grasbüschel, an dem ständig der Blick hängen bleibt?
Solche Kleinigkeiten entferne ich ohne mit der Wimper zu zucken. 😉
Oder würdest du die Antenne und den Ampfer-Halm hier vermissen?
Wo es technisch problematischer wird, sind größere Objekte, besonders, wenn diese direkt hinter Pferd und/oder Mensch liegen. An dem Beispiel oben wären es die Häuser, die ein Photoshop-Profi zwar ebenfalls entfernen könnte…
Doch willst du das wirklich?
Und hier beginnt bereits das Ethische Dilemma…
Ethisches Dilemma – wo beginnt das Verfälschen?
Die Häuser im Hintergrund gehören zu der Kulisse. An ihnen erkennst du, wo du mit deinem Pferd gewesen bist. Sie zu entfernen wäre eine deutlich größere Verfälschung der Wirklichkeit als einen Grasbüschel oder eine Antenne zu entfernen…
In der Regel werden wir versuchen bereits Orte zu finden, an denen der Hintergrund schön und harmonisch ist. So, dass eben diese Frage hinterher gar nicht auftaucht. Doch das ist nicht immer möglich und auch nicht unbedingt nötig. Oder stören dich die Häuser hier sehr?
Zäune, Halfter, Halsringe und Co.: Es kommt darauf an!
Bei Zäunen wird es bereits schwieriger. Technisch sind sie in der Regel leicht zu entfernen (wie oben vor den Häusern), wenn es nicht gerade ein ganzes Zaunparadies ist, wie hier:
Doch zeigt das rechte Foto hier noch die Wirklichkeit? Es ist ein wunderschönes Bild, keine Frage und ich liebe es sehr. Stute und Fohlen standen hier auf einer relativ großen Weide.
Dennoch gaukelt es einem viel mehr Freiheit vor, als es in Wirklichkeit gab.
Um ihr 1 Tag altes Stutfohlen zu schützen, stand die Mutter mit ihr in der hintersten Ecke. Um die beiden so wenig wie möglich zu stören und ihnen genug Fluchtmöglichkeit zu geben, stand ich ebenfalls ganz am Rand der Weide und in gebührendem Abstand. Trotzdem wirkt das bearbeitete Bild rechts eher wie in purer Freiheit aufgenommen… und gleichzeitig ein bisschen unwirklich, wenn man genauer hinsieht.
Wann würde ich also einen Zaun entfernen und wann nicht?
In erster Linie spreche ich das mit dir, meiner Kundin, ab. Geht es um besonders schöne Fotos, die du dir ins Wohnzimmer hängen möchtest, entferne ich gerne kleine, störende Stromzäune im Hintergrund.
Handelt es sich um dokumentarische Fotos für die Webseite eines Reiterhofes wird natürlich gar nichts entfernt.
Und wenn der dicke Holzzaun im Hintergrund auch technisch ein Problem wäre, bleibt der ebenfalls.
Dazwischen liegt eine Grauzone, die von Fall zu Fall entschieden werden muss.
Halfter und andere „Sicherheits-Netze“
Ähnlich wie Zäune können auch Halfter, Stricke und Halsringe als „Sicherheits-Netz“ genutzt werden.
So möchte ich auf keinen Fall ein Pferd ohne jegliche Ausrüstung im freien Gelände fotografieren.
Das Risiko ist mir für euch, für mich selbst und für Unbeteiligte einfach viel zu groß.
Machen wir also hübsche Fotos von dir und deinem Pferd im freien Gelände und trug das Pferd Halfter, Strick oder Halsring nur zur Sicherheit, können wir gerne darüber reden, dass ich diese in der Bildbearbeitung entferne.
Anders sieht es aus, wenn du zum Beispiel am Knotenhalfter mit deinem Pferd spielst. Dann wäre das Entfernen von Halfter und Seil eine grobe Verfälschung der Wirklichkeit.
Das Foto würde vortäuschen, dass du frei mit deinem Pferd spielen kannst, obwohl du es in Wahrheit am Seil hattest.
Ebenso das Reiten mit Halsring – liegt der Halsring nur zur Sicherheit um den Pferdehals ohne das du ihn in der Hand hältst, können wir darüber reden, ihn zu entfernen. Hast du ihn jedoch in der Hand gehalten, macht es überhaupt keinen Sinn ihn aus dem Bild zu entfernen!
Auf die Frage „Entfernst du Halfter und Zäune aus Fotos?“
Antworte ich also „Es kommt darauf an!“ 😉
Zaumzeuge und Sättel – ein No-Go!
Aus den Überlegungen zu Halfter und Halsring kannst du es dir sicherlich schon denken – auch Zaumzeuge und Sättel und andere Ausrüstungsgegenstände werde ich nicht aus Fotos entfernen.
Ich möchte natürliche Fotos, die sehr dicht an der Wirklichkeit liegen!
Ein Zaumzeug zu entfernen, macht häufig auch gar keinen Sinn. Ein Pferd, das ein Gebiss im Maul trägt zieht die Lippen hoch bzw. hat eine ganz andere muskuläre Spannung in der Maulpartie als wenn es kein Gebiss tragen würde. Entfernt man das Zaumzeug aus dem Foto, sieht das „komisch“ aus.
Kennst du Fotos, auf denen die Pferde eine Kandare tragen, an der aber keine Zügel hängen? Ich finde das sieht einfach unnatürlich und komisch aus! Es ist völlig klar, dass die Zügel hier nur per Bildbearbeitung entfernt wurden!
Narben und andere „Schönheitsmakel“ – Du entscheidest
Ganz am Anfang dieses Blogartikels habe ich dir erzählt, dass ich Bissverletzungen gerne und problemlos aus Fotos entferne. Wie sieht es aber mit Narben und ähnlichen „Schönheitsmakeln“ aus?
In der Regel entscheide ich danach:
Was wieder weg gehen würde, kommt weg.
Was für immer bleibt, das bleibt.
Jedoch hast auch du, als Pferdebesitzerin und Kundin, ein Mitspracherecht dabei. So wollte eine Kundin gerne, dass ich das blinde Auge ihres Pferdes so bearbeite, dass man nicht mehr direkt sieht, dass es blind ist. In diesem Fall war das zwar eine kleine Herausforderung, aber machbar. Und da das den Ausdruck des Pferdes (meiner Meinung) nach nicht grundlegend ändert, hatte ich damit auch keine Probleme.
Dennoch ist so etwas natürlich immer diskutierbar. Wo hört „Verschönern“ auf und wo fängt „Verfälschen“ an?
Retusche vs. Composing – Wenn Bilder kombiniert werden
Wenn man über Photoshop, Retusche und ganz allgemein Bildbearbeitung spricht, muss man auch über so genannte „Composings“ reden. Das sind Bilder, die aus mehreren Fotos zusammengebastelt wurden.
Stell dir 2 Fotos vor. Auf dem einen guckt das Pferd aufmerksam in die Kamera, auf dem anderen du. Der jeweils andere guckt dagegen ziemlich blöd. Ansonsten sind die Fotos fast identisch. Hier ein Pferdeohr, da ein Lächeln.
Mit Photoshop können die Bilder so kombiniert werden, dass auf dem Endresultat beide hübsch gucken.
Nun werden also die gespitzten Ohren des Pferdes ausgeschnitten und über die zurückgelegten Ohren des Pferdes auf dem anderen Foto gelegt. Alles wird so angepasst, dass keine Nahtstellen mehr zu sehen sind.
Aber ist das legitim?
Auf den ersten Blick könnte man meinen – klar. Ist doch nichts dabei!
Doch vergisst man hier, dass zu gespitzten Ohren mehr gehört als nur die Ohren. Vermutlich guckt es auch ein bisschen anders, hat die ganze Gesichtsmuskulatur anders angespannt… und schon hängen wir Äpfel an einen Birnbaum. Das macht auch keinen Sinn, oder?
Das ganze kann natürlich noch auf die Spitze getrieben werden, wenn das Pferd statt über eine Wiese plötzlich über den Strand galoppiert oder mehrere Pferde nebeneinander kopiert werden, obwohl sie sich in echt gar nicht ausstehen können. Für den Künstler (Fotograf ist er hier ja nicht mehr wirklich) oder den unbeteiligten Betrachter sieht das Endresultat vielleicht toll aus. In der Regel aber spürt man auch als Unbeteiligter, dass bei diesen Bildern „etwas nicht stimmt“.
„Ist das gephotoshopt?“ ist dann die typische Frage bei solchen Bildern. 😉
Ja, ist es! Und wenn die Frage kommt, bin ich mit meiner Bildbearbeitung übers Ziel hinaus geschossen. Meiner Meinung nach! Wie ist deine?
Fazit:
Wo hört „Verschönern“ auf und wo fängt „Verfälschen“ an? Bei Bildbearbeitung und Retusche ist der Übergang häufig fließend und im Endeffekt muss jeder seine eigene Grenze ziehen. In diesem Blogbeitrag habe ich versucht, dir zu erklären, wo meine Grenze liegt. Letztendlich hast aber auch du als Kundin ein Mitspracherecht.
Was ich aus Bildern entferne:
- Insekten
- Bissverletzungen und andere temporäre Fellunreinheiten
- Kleine Störelemente im Bild
- Dünne Elektrozäune
- Dünne Halfter, Stricke und Halsringe, sofern diese nur als „Sicherheits-Netz“ dienten
Was ich (meist) nicht aus Bildern entferne:
- Narben und andere auf Dauer bleibende Schönheits-Makel
- Häuser und andere große Objekte im Bildhintergrund
- Dicke Holzzäune
- Zaumzeuge etc.
- Sättel
- Alles was der Mensch trägt / in der Hand hält
Ich möchte natürliche Fotos, die nah an der Wirklichkeit sind! Mit der Bildbearbeitung möchte ich nur das Schönste aus jedem Foto herausholen ohne es grundlegend zu verfälschen.
Du möchtest jetzt auch solche natürlich bearbeiteten Glücksmomente-Fotos von dir und deinem Pferd? Dann schau gleich mal hier vorbei:
JA, ich möchte auch solche Fotos!
Wo liegt deine Grenze zwischen Verschönern und Verfälschen? Erzähl es mir in den Kommentaren!
Anna says
welches Programm zum Bearbeiten benutzen Sie?
Jessica Freymark says
Hallo Anna,
ich benutze für die Bildbearbeitung Adobe Lightroom und Photoshop. Photoshop nutze ich dabei vor allem für die Retusche, die ich hier in diesem Blogbeitrag beschrieben habe. 🙂
Liebe Grüße,
Jessica