Du möchtest, dass dein Pferd dein Freund ist, ein Partner auf Augenhöhe? Dann kommst du nicht Drumherum, deinem Pferd eine eigene Meinung zuzugestehen. Und ein „Nein“ ist eine Meinung, auch wenn sie dir nicht gefällt. 😉 In diesem Blogbeitrag möchte ich dir zeigen, warum ein „Nein“ sehr wertvoll ist, wie du es überhaupt erkennst und warum dein Pferd „Nein“ sagt. Denn nur dann kannst du auch angemessen darauf reagieren.
(Blogbeitrag vom 01.12.2018, überarbeitet am 10.05.2024)
Was wenn…
Okay, ein „Nein“ ist also eine Meinungsäußerung deines Pferdes.
Du möchtest eine Freundschaft mit deinem Pferd und eine Freundschaft bedeutet, dass „Nein“ des Freundes erst einmal zu akzeptieren.
Fragst du dich jetzt: „Wenn ich aber auf ein Nein meines Pferdes eingehe, sagt es dann nicht zu allem ‚Nein‘ und ich kann gar nichts mehr mit ihm machen?“
Natürlich kann es passieren, dass dein Pferd nun seine Chance nutzt, um endlich seine Meinung zu sagen und zu allem „Nein“ sagt. Doch ich habe die Erfahrung gemacht – und das auch schon von vielen anderen gehört – dass Pferde viel lieber „Ja“ sagen und dies dann auch viel öfters und ehrlicher tun, wenn sie wissen, dass ein „Nein“ ebenfalls akzeptiert werden würde.
Und ein ehrliches „Ja“ deines Pferdes ist so viel schöner und erfüllender, als einfach nur blinder Gehorsam.
Warum ein „Nein“ sehr wertvoll ist!
Ärgere dich also nicht über ein „Nein“ deines Pferdes, sondern sieh es als etwas Gutes. Denn zum Einen ist ein „Nein“ ein enorm wertvolles Feedback für dich! Sei dankbar dafür, denn dein Pferd hilft dir dabei, dich selbst weiterzuentwickeln. Du kannst daraus lernen und daran wachsen! 🙂
Zum Anderen traut sich dein Pferd seine Meinung zu äußern! Das ist etwas ganz Wertvolles! Viele Pferde stecken so tief in der erlernten Hilflosigkeit und sind so stark in sich gekehrt, dass sie gar keine Meinung mehr haben. Sie lassen alles widerstandslos über sich ergehen und wirken dabei wie Maschinen mit toten, glanzlosen Augen. 🙁
In einer Beziehung sollten jedoch beide Partner ein Mitspracherecht haben.
Die Wünsche, Bedürfnisse und Meinungen des Gegenübers sollten nicht nur wahrgenommen, sondern auch respektiert und ernst genommen werden. Niemand findet es gut, wenn immer nur der andere entscheidet und dazu noch immer Recht haben will und keine andere Meinung zulässt.
Stell dir vor dein (menschlicher) Partner sagt ständig zu allem Nein, was du ihm oder ihr vorschlägst? Ganz schön frustrierend, oder? Lange würde so eine Beziehung sicherlich nicht halten! Doch dein Pferd hat keine andere Wahl.
Dein Pferd kann sich keinen anderen Besitzer suchen!
Daher versuch der beste Partner für dein Pferd zu sein, der du sein kannst. Sieh genau hin und nimm ein „Nein“ deines Pferdes als das wahr, was es ist:
- Sein gutes Recht
- Ehrliches Feedback ohne Hintergedanken
- Eine Möglichkeit für dich zum Lernen und Wachsen
- Eine Möglichkeit eure Beziehung zueinander zu verbessern und zu stärken
Wie sieht ein „Nein“ des Pferdes aus?
Zuerst einmal ist es wichtig ein „Nein“ überhaupt als solches zu erkennen! Denn häufig ist es deutlich subtiler, als man vielleicht glaubt. Wenn ein Pferd buckelt, ist das bereits ein laut geschrienes „NEIN!“, weil die vielen geflüsterten und gesagten „Neins“ nicht gesehen oder einfach übergangen wurden.
Ein „Nein“ eines Pferdes kann ganz unterschiedlich aussehen. Meist hängt es davon ab, wie früh du es erkennst bzw. wie deutlich dein Pferd werden muss, um sich verständlich zu machen. Genauso gut kann es sein, dass das Pferd sich nicht traut offen „Nein“ zu sagen, weil es negative Konsequenzen fürchtet. Doch die kleinsten Signale zeigt es vielleicht dennoch (wenn es sich nicht schon völlig aufgegeben hat).
Hier also die häufigsten Signale, die ein „Nein“ ausdrücken KÖNNEN:
- Nüstern hochziehen
- Ohren anlegen
- Zähne aufeinanderpressen (ausgeprägte Kaumuskulatur seitlich sichtbar)
- Kein Blinzeln mehr
- Hält den Atem an
- Schweif schlagen
- Ablenken (sich kratzen, fressen, ungefragt Tricks vorführen…)
- Kopf wegdrehen
- Kopf so drehen, dass es mir den Weg versperrt
- Körper wegdrehen
- Weggehen
- Wegrennen
- Gegendrücken
- Bein drohend anheben
- Treten
- Zähne blecken
- Beißen
- Buckeln
- Steigen
Natürlich muss man immer die ganze Situation und die Signale im Zusammenhang betrachten. So kann ein Buckeln auch pure Lebensfreude ausdrücken. Oder das Pferd dreht den Kopf weg, weil es gerade etwas gehört hat, das seine Aufmerksamkeit geweckt hat.
Ein „Nein“ wird jedoch nie mit fröhlichem Gesicht gesagt. Entweder der Gesichtsausdruck ist genervt, „verärgert“ oder aber verunsichert oder schmerzerfüllt.
Rennt dein Pferd mit fröhlichem Gesichtsausdruck vor dir weg, ist es vielleicht kein „Nein“ sondern eine Spielaufforderung oder es rennt eher zu etwas Anderem (Spannenderem) hin. In gewisser Weise kann das natürlich auch ein „Nein“ zu deiner aktuellen Stimmung, Absicht oder Handlung sein. Aber es ist weniger direkt. 😉
Achte also vor allem auf die Mimik in dem Gesicht deines Pferdes. Wie verändern sich Augen, Ohren, Nüstern, Maul?
Warum sagt mein Pferd „Nein“?
Damit sind wir bereits direkt in dem Thema – Warum sagt mein Pferd denn gerade „Nein“ zu mir oder dem was ich von ihm möchte? Denke daran
Dein Pferd hat immer einen guten Grund, wenn es „Nein“ sagt!
Mögliche Gründe wären zum Beispiel:
- Es kann aus gesundheitlichen Gründen deine Bitte nicht erfüllen. Es tut weh, fällt ihm sehr schwer oder es geht exterieurbedingt einfach nicht.
- Es ist überfordert.
- Es ist aus Angst nicht in der Lage zu denken.
- Es versteht dich nicht, weil du deine Signale unklar oder widersprüchlich gibst.
- Es versteht dich nicht, weil es die Übung oder deine Signale gar nicht kennt.
- Es möchte das gerade nicht.
- Weil du zu angespannt bist
- Weil du zu viel / zu wenig Energie hast
- Weil du gar nicht richtig im Moment bist
- Weil du selbst gar nicht genau weißt, was du möchtest und kein klares Bild im Kopf hast
- Weil du zu langweilig bist und nicht genug Motivation bietest
- Weil du nur deine eigenen Bedürfnisse befriedigen willst
- Weil du zu schnell / zu direkt bist
- Weil ein anderes Bedürfnis gerade dringender ist (Fressen, Trinken, Fellpflege mit dem Kumpel etc.)
- Weil Vorbesitzer etwas falsch gemacht haben und es jetzt generell gegen alles ist, was Menschen wollen oder speziell diese Übung negativ abgespeichert hat.
- …
Du siehst, dein Pferd hat sehr viele mögliche Gründe, um „Nein“ zu etwas zu sagen, dass du gerade von ihm möchtest. Und keiner davon ist, dass es dich verarschen oder dich persönlich beleidigen will. Pferde geben uns immer ganz ehrliches Feedback ohne Hintergedanken!
Es ist nicht respektlos, wenn dein Pferd „nein“ sagt.
Es ist sein gutes Recht!
Es gibt unendlich viele Gründe für ein „Nein“ und vermutlich wirst du den Grund nicht immer direkt erkennen. Umso wichtiger ist es sich selbst immer wieder zu reflektieren.
Gerade am Anfang ist es okay, wenn du dich und die Situation erst später (vielleicht Zuhause auf der Coach) reflektierst. Je mehr Übung du aber darin bekommst, desto besser wirst du darin Situationen auch unmittelbar einzuschätzen, dich selbst zu reflektieren und etwas zu verändern.
Auf 2 sehr häufige Gründe für ein „Nein“ möchte ich jetzt noch einmal gesondert eingehen…
Gesundheitliche Gründe
Am Wichtigsten ist es wohl ein „Nein“ aus gesundheitlichen Gründen zu erkennen! Und besser einmal zu oft den Tierarzt, Osteopathen oder Sattler geholt, als das Pferd zu etwas zu zwingen, dass es gar nicht leisten kann.
So hat mein Eldur vor einigen Jahren plötzlich große Probleme gehabt Schulterherein zu gehen, nachdem er das eigentlich immer gerne getan hatte. Ich habe ihm deutlich angemerkt, dass er zwar gerne wollte, aber nicht konnte. Es war kein verärgertes „Nein“ mit Ohren anlegen und Schweif schlagen, sondern ein „nicht reagieren“ und dabei ein besorgtes Gesicht machen. Tatsächlich hatte er eine Entzündung im Fesselgelenk und Schmerzen beim Drehen des Gelenks. Er hatte also einen guten Grund „Nein“ zu sagen!
Genauso haben „Unarten“ wie Beißen beim Satteln, Steigen und Buckeln sehr häufig einen gesundheitlichen Hintergrund.
Wie würdest du reagieren, wenn du starke Rückenschmerzen hättest, und jemand dir einen schweren Trekkingrucksack umschnallen und dich damit durch die Berge scheuchen würde? Anfangs würdest du versuchen ihn mit Worten zu überzeugen, dass du das nicht kannst, weil du Schmerzen hättest. Irgendwann würdest du anfangen zu schreien und schließlich würdest du sicherlich versuchen dich von dem Rucksack zu befreien, wegzurennen oder deinen Peiniger in Notwehr anzugreifen…
Ein Pferd wird stattdessen häufig mit der Gerte geschlagen und mit immer schärferen Gebissen und Schlaufzügeln „gefügig“ gemacht.
Du bist gestresst
Ein anderer Klassiker, der deutlich unbekannter ist:
Wenn du zum Beispiel nach der Arbeit zu deinem Pferd fährst, auf dem Weg dorthin im Stau stehst und im Kopf hast, dass du noch Einkaufen und zur Post musst, stehst du höchstwahrscheinlich unter Strom.
Kaum am Stall angekommen, schnappst du dir das Halfter und läufst zu deinem Pferd.
Wie wirkst du dabei wohl auf dein Pferd?
- Hektischer, schneller Schritt
- Muskeln hart und fest
- Schultern hochgezogen
- Flache Atmung
- Starre Augen
- Eventuell erhöhter Puls
Hättest DU denn Lust so mit dir selbst Zeit zu verbringen? 😉
Eher nicht, oder? Und deinem Pferd geht es genauso.
Dazu kommt, dass du als gestresster Mensch eine viel kürzere „Zündschnur“ hast. Bestimmt weißt du, dass du in solchen Momenten sehr ungeduldig und schnell reizbar bist. Du wirst gar keine Ruhe haben, um dein Handeln zu hinterfragen und deinem Pferd wirklich zuzuhören. In der Folge wirst du wahrscheinlich auch mal unfair reagieren und später tut es dir leid… Bestimmt fallen dir Situationen ein, bei denen du im Umgang mit anderen Menschen zickig oder unwirsch reagiert hast, weil du einfach gestresst warst.
Es ist deshalb unglaublich sinnvoll und wichtig, dass du lernst deinen Stresslevel zu reduzieren bevor du zu deinem Pferd gehst!
Und da ich von diesem Thema wirklich ein Lied singen kann, habe ich dir meine besten Entspannungs- und Achtsamkeits-Tipps zusammengestellt, die nicht nur mir sondern auch schon vielen anderen Pferdefrauen geholfen haben. Hol dir jetzt meinen kostenlosen Anti-Stress-Minikurs und verbessere damit deine mentale Gesundheit UND die Beziehung zu deinem Pferd. 🙂
Welche Möglichkeiten auf ein „Nein“ gibt es?
Der „klassische“ Umgang – es gibt kein Nein
Die klassischen Reaktionen, die viele von uns in der Reitschule gelernt haben, sind leider Sätze wie:
„Der blöde Gaul verarscht dich nur“
„Setz dich durch“
„Hau dem mal eine mit der Gerte, damit er spurt.“
„Der muss lernen, wer der Chef ist.“
Es ist furchtbar wie viele Kinder und Erwachsene genau diesen Umgang immer noch lernen. Das Pferd wird von Anfang an als Befehlsempfänger gesehen, der tun muss, was man ihm sagt. Das Paradoxe daran ist, dass die meisten dieser Menschen Pferde lieben und mit ihnen kuscheln, solange sie neben ihnen stehen. Doch kaum sitzen sie im Sattel oder „arbeiten“ mit ihren Pferden vom Boden, werden sie streng bis brutal.
Viele Pferde haben gelernt, dass sie keine eigene Meinung haben dürfen und sind in der Erlernten Hilflosigkeit gefangen. Sie zeigen keine Gegenwehr mehr, aber auch sonst kaum noch Reaktionen. Ihre Augen sind tot… alles was wir an Pferden lieben – ihre Neugier, ihre Verspieltheit, ihre pure Lebensfreude ist erloschen.
Das Nein in ein Ja umwandeln
Ich habe viele Jahre (Parelli) Natural Horsemanship praktiziert. In dieser Zeit habe ich unglaublich viel über Pferdeverhalten gelernt und überhaupt erst angefangen Pferde wirklich zu lesen und mich selbst zu reflektieren! Dennoch stelle ich jetzt im Nachhinein fest, dass es dort vor allem darum ging ein „Nein“ des Pferdes in ein „Ja“ umzuwandeln:
Ich möchte, dass mein Pferd XY tut. Wenn das Pferd „nein“ sagt, analysiere ich warum es Nein sagt und nutze meine Erkenntnisse, um es zu einem Ja zu bewegen. Dafür gab es je nach Grund verschiedene Strategien. Die Möglichkeit dem Pferd sein „Nein“ einfach zuzugestehen und das zu akzeptieren, gab es nicht.
So etwas Ähnliches gibt es auch im klassischeren Umgang. Kennst du die Methode alle „Türen“ zu versperren, so dass nur noch die eine „richtige Tür“ übrig bleibt?
Aber ist das dann wirklich ein „Ja“?
Ist es ein Ja, wenn es kein echtes Nein geben darf?
Hier einmal ein paar Fotos von mir und meinem inzwischen verstorbenen Islandpferd Eldur in unserer „Parelli-Phase“. Das Pferd soll um mich herum traben, während ich einfach stehen bleibe:
Jedes Nein akzeptieren
Natürlich gibt es auch das andere Extrem, zum Beispiel:
„Ach Gott, der Arme will nicht auf den Anhänger gehen. Na gut, dann muss er das natürlich auch nicht.“
Es gibt jedoch viele Dinge, die das Pferd trotz allem lernen sollte, auch wenn es dazu erstmal „Nein“ sagt. Dazu gehören leider auch so Dinge, wie auf einen Anhänger zu gehen. Denn wenn das Pferd ernsthaft krank oder verletzt ist, muss es entspannt verladen und in eine Klinik gefahren werden können.
Pferde in Watte zu packen und nie etwas von Ihnen zu verlangen, wäre also auch nicht richtig. Jedenfalls nicht in unserer menschlichen Welt, in der es ohne eine gewisse Grunderziehung schnell für sie und für uns gefährlich werden kann.
Außerdem möchten wir ja eine Partnerschaft auf Augenhöhe und damit haben wir als Menschen genauso Bedürfnisse und Wünsche. Und dazu gehört zum Beispiel, dass ich nicht umgerempelt werden möchte. 😉
Wie reagiere ich nun also auf ein „Nein“?
Okay, wir wollen also das „Nein“ unseres Pferdes erkennen, respektieren und trotzdem manchmal in ein „Ja“ umwandeln. Wie genau reagiere ich jetzt also auf ein „Nein“?
Zuerst einmal – das ist ein Thema, bei dem ich selbst ständig dazu lerne und vielleicht habe ich in ein paar Jahren eine völlig andere Meinung dazu. Dieser Blogartikel spiegelt also nur meine derzeitige Sicht auf das Thema wieder! 😉
Meine 1. Reaktion auf ein „Nein“ ist immer ein Innehalten. Ich stoppe also sofort mit dem, was ich gerade getan habe. So signalisiere ich meinem Pferd, das ich sein „Nein“ gesehen habe! Tue ich das nicht, wird mein Pferd ein deutlicheres „Nein“ zeigen, weil ich es ja scheinbar nicht erkannt habe.
Durch das Innehalten sagst du deinem Pferd, dass du sein Nein wahrgenommen hast. Hier beginnt ein Dialog!
Nun kannst du dir überlegen, was du als nächstes tust. Ich denke, es ist klar, dass sich aus der Situation und dem GRUND des „Neins“ bereits eine Handlungsaufforderung ergibt.
Erst, wenn man den Grund kennt, kann man sich also überlegen wie man mit diesem „Nein“ umgeht:
- Ok, ich akzeptiere dein Nein und wir machen etwas anderes oder heute mal gar nichts.
- Ok, ich akzeptiere dein Nein, mache eine Pause, reflektiere mein Handeln und frag dich nochmal das Gleiche, aber auf eine andere Art und Weise.
- Danke für dein Nein. Ich habe es wahrgenommen, bestehe aber jetzt darauf, dass du das trotzdem tust.
Nicht immer ist der Grund jedoch eindeutig zu erkennen. Bin ich unsicher, warum das Pferd „Nein“ sagt, bestehe ich lieber nicht darauf, sondern akzeptiere es erstmal. Wenn ich eine Idee habe, woran es eventuell gelegen haben könnte, versuche ich es noch einmal neu, nur eben anders. Zum Beispiel gebe ich meine Signale anders, habe ein klareres Bild im Kopf oder fahre meine Energie hoch/runter. Gibt es daraufhin wieder ein Nein, ist es vermutlich besser an dieser Stelle erst einmal abzubrechen.
Vielleicht kann ich später besser reflektieren, was der Grund gewesen sein könnte. Vielleicht klappt es beim nächsten Mal aber auch einfach… manchmal bekommt man das „warum“ nicht heraus und plötzlich sagt das Pferd wieder Ja.
Manche Dinge müssen jedoch auch einfach geübt werden und da gehe ich dann auch mal bewusst (!) über ein „Nein“ hinweg. Für mich ist eine gewisse Grunderziehung die Basis der gemeinsamen Kommunikation.
So möchte ich sicher sein, dass ich mein Pferd für uns beide sicher von A nach B bewegt bekomme und es jederzeit anhalten kann. Gleichzeitig darf es mich nicht umrempeln oder beißen.
Diese „Spielregeln“ sind für mich in Stein gemeißelt und da lasse ich auch nicht mit mir verhandeln. Über alles andere kann man reden. 😉
Wenn mein Pferd also nicht anhält, obwohl es genau weiß wie mein Signal zum Anhalten ist, werde ich sofort deutlicher! Da bleibe ich dann natürlich dran. Danach überlege ich dann aber trotzdem, woran es gelegen haben könnte. War mein Pferd abgelenkt? Habe ich mein Signal doch nicht so exakt und deutlich gegeben, wie ich gedacht habe? Dann versuche ich es direkt nochmal und versuche das Anhalten wieder auf feine Hilfen hinzubekommen.
Wenn aus einem Nein-Sager ein Ja-Sager wird
Es gibt Pferde die sehr viel „Nein“ sagen und wenn sie etwas tun, dann eher aus widerwilligem Gehorsam statt aus echter Freude. Mein inzwischen verstorbenes Islandpferd Eldur war so ein Pferd. Der klassische Umgang mit viel Druck und Erwartungshaltung, ohne dass er mitreden durfte, das war nichts für ihn.
Erst als ich angefangen habe, IHN wirklich zu sehen und seine Meinung wahrzunehmen, wurde es besser! Und als ich gelernt hatte auch ein „Nein“ zu akzeptieren, bekam ich immer öfters so schöne „Ja´s“ von ihm wie hier:
In diesem Blogartikel erkläre ich dir anhand eines Beispiels noch einmal ganz genau wie ich bei einem „Nein“ meines Pferdes vorgehe.
Fazit:
- Ein „Nein“ ist ein wertvolles Feedback, für das du dankbar sein kannst.
- Nur wenn es ein „Nein“ geben darf, wird es auch ein ehrliches „Ja“ geben können!
- Lerne ein „Nein“ deines Pferdes zu erkennen
- Reagiere auf ein „Nein“ immer mit einem Innehalten, oder sogar zurücktreten.
- Sei dir bewusst was deine „Spielregeln“ sind, die immer eingehalten werden müssen und die du immer sofort durchsetzt (z.B. Führen und Anhalten).
- Versuche den Grund des „Neins“ herauszufinden
- Reflektiere dein eigenes Verhalten, deine Körpersprache, deine Energie, deine Intention
- Achte auf Schmerzzeichen in der Mimik deines Pferdes um gesundheitliche Gründe auszuschließen
- Überlege dir eine Reaktion
- Das Nein akzeptieren und es nicht noch einmal verlangen (jedenfalls nicht an diesem Tag)
- Es noch einmal anders versuchen (Überlege dir wie genau anders!)
- Es trotzdem verlangen (nur wenn du dir sicher bist, dass dein Pferd die Übung ausführen kann und du alles richtig machst!)
- Achte auf dein Energie- und Stresslevel. Bist du ganz im Hier und Jetzt? Kannst du gerade überhaupt achtsam auf dein Pferd eingehen?
P.S.: Danke an Eva-Marie Essers für das Feedback, das diesen Blogartikel noch besser gemacht hat. 😉
Tipps zum Weiterlesen:
- Wie du in 4 Schritten Frust und Wut im Umgang mit deinem Pferd los wirst
- Reiten als Geschenk des Pferdes – wie aus einem „Nein“ ein echtes „Ja“ werden kann
- Achtsamkeit im Umgang mit deinem Pferd
- Stress im Stall: So wirkt sich dein Stresslevel auf dein Pferd aus
Erzähl mir von deinem Pferd – wie zeigt es dir seine Meinung und wie reagierst du darauf?
Anke says
Sehr schöner Artikel ? Mein Pferd ist Deinem sehr ähnlich in seiner ruhigen, konsequenten Art Nein zu sagen. Lenny war niemals böse, er blieb stehen und ging nicht weiter. Lange habe ich Wege gesucht, ihn zu motivieren. Druck hat ihn immer langsamer und lustloser gemacht. Über das Klickern und loben von eigenen Aktivitäten habe ich ein munteres, motiviertes Pferd bekommen, das manchmal gar nicht mehr aufhören will. Wir reiten kaum noch. Aber er kommt jeden Tag freudig an und fragt, was machen wir heute? Ich bin so froh, dass immer mehr Menschen sich trauen, ihrem Pferd seine Meinung zu zugestehen. Ich bekomme dadurch Vertrauen und Freude von meinem Pferd und das macht mich sehr glücklich.
Jessica Freymark says
Liebe Anke,
vielen Dank und herzlichen Dank für deinen Kommentar! 🙂 Ich freue mich auch sehr darüber, dass es immer mehr Menschen gibt, die nach anderen Wegen suchen und eine ehrliche Freundschaft mit ihrem Pferd wollen statt nur einen Befehlsempfänger. Wunderschön, dass du über das Klickern einen so tollen Weg gefunden hast deinen Lenny zu motivieren. Es gibt nichts Schöneres als ein Pferd, dass freudig zu seinem Menschen kommt und ihn auch am Ende gar nicht mehr gehen lassen möchte. 😀 Ich wünsche dir noch ganz viel Freude mit deinem Lenny!
Liebe Grüße, Jessica
Julia + James says
Ja ich habe ein junges Pferd gekauft und gestern ging gar nichts. Er konnte die Übung ausführen und ich habe ihn gucken lassen etc. (Da wir das schon mal geschafft haben) und ohne die Schuld meinem Tier zuzuschreiben ließ er sich anstecken. Ein Pferd war so nervös, als ich nur meinen aus dem Stall geführt habe das es in ausschlagen und wiehern endete, andere Pferde ließen sich natürlich anstecken. Doch ich kann mich ja leider nicht zweiteilen und für die „Erziehung“ anderer Pferde sehe ich mich auch nicht verantwortlich. Meiner hat natürlich auf die anderen gehört und ist abgehauen. Ich war nicht böse auf ihn, immerhin ist er ja noch jung und die Beziehung ist noch nicht so stark, doch ich weiß nicht weiter. In der Nähe der Boxen nerven und ärgern uns die anderen nur, will ich auf den Platz rasten alle anderen aus, weil sie ja mit wollen. *seufz* Das musste jetzt mal raus. Sorry. 😅
Jessica Freymark says
Liebe Julia,
vielen Dank für deinen Kommentar! Es gibt so Tage und gerade bei einem jungen Pferd sind eben auch viele Situationen noch neu und herausfordernd. Ich finde es toll, dass du die Schuld nicht beim Pferd suchst! 🙂 Wenn es solche Herausforderungen allerdings öfters gibt, was ich aus einem der letzten Sätze meine herauszulesen, würde ich einmal überlegen, was an der Situation generell verändert werden könnte. Stehen die Pferde den ganzen Tag in der Box, dass sie alle so aufdrehen, wenn einer herausgeführt wird? Dann würde ich unbedingt schauen, ob es nicht eine Möglichkeit gibt in einen Offenstall zu wechseln oder zumindestens einen Ort, wo die Pferde tagsüber draußen und entspannt sind, damit du mit deinem auch mal alleine etwas machen kannst. Wenn du intensiver mit mir sprechen möchtest, schreib mir gerne an info@jessica-freymark.de Liebe Grüße, Jessica 🙂